Haftung von Geschäftsführern

Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für Aufsichtspflichtverletzungen im Unternehmen und deren Verhinderung durch eine ordnungsgemäße Compliance.

 

Wenn es in Ausübung einer Tätigkeit für einen Betrieb oder ein Unternehmen zu Pflichtverletzungen kommt, die mit Strafe oder Geldbuße bedroht sind, und der Inhaber bzw. der Geschäftsführer oder Vorstand vorsätzlich oder fahrlässig die ihm obliegende Aufsichtspflicht verletzt hat und die Pflichtverletzung bei ordnungsgemäßer Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre, dann kann den Unternehmensinhaber bzw. Geschäftsführer nach § 130, § 9 OWiG ein Bußgeld treffen, das in Extremfällen mehrere Millionen Euro ausmachen kann.

Eine Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG setzt zunächst voraus, dass im Unternehmen gegen eine den Inhaber des Unternehmens treffende Pflicht verstoßen wurde und diese Pflichtverletzung gegen ein Strafgesetz oder gegen einen Bußgeldtatbestand erfüllt. Dabei stellt nicht jede Pflichtverletzung, die innerhalb eines Betriebes begangen wird, einen potentiellen Verstoß gegen § 130 OWiG dar. Vielmehr muss es sich um eine so genannte betriebsbezogene Pflicht handeln, die verletzt worden ist. Das sind Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbereich des Unternehmens stehen und den Unternehmensinhaber als Normadressaten treffen.

Der eigentliche Verstoß gegen die betriebsbezogene Pflicht (z.B. bei einem Lebensmittelbetrieb gegen Hygienevorschriften) wird in der Regel von einem Mitarbeiter gegangen. Möglich ist aber auch, dass der Pflichtverstoß durch einen Subunternehmer oder einen Mitarbeiter eines beauftragten Unternehmens erfolgt. Entscheidend ist allein, dass eine Angelegenheit des Betriebes wahrgenommen und eine den Unternehmensinhaber obliegende Pflicht verletzt worden ist.

Für § 130 OWiG spielt es keine Rolle, ob und in welchem Maße ein Mitarbeiter bei der Verletzung der betriebsbezogenen Pflicht schuldhaft gehandelt hat. Selbst wenn den Mitarbeiter kein Verschulden trifft, oder nur vorsätzliches Handeln strafbewehrt ist, der Mitarbeiter aber nur fahrlässig gehandelt hat, greift § 130 OWiG ein, wenn der Unternehmensinhaber eine Aufsichtspflichtverletzung begangen und dadurch die Pflichtverletzung des Mitarbeiters ermöglicht oder erleichtert hat.

Täter einer Aufsichtspflichtverletzung ist nach § 130 OWiG der Betriebsinhaber, aber gemäß § 9 OWiG trifft die gesetzlichen Vertreter des Inhabers eine identische Haftung. Damit können auch Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer Aktiengesellschaft nach § 130 OWiG belangt werden. Besondere Fragestellungen bezüglich der haftenden Personen ergeben sich innerhalb von Konzernverhältnissen. In bestimmten Konstellationen kann die Konzernobergesellschaft und deren Leitungspersonen eine Aufsichtspflicht für Tochter- und Enkelgesellschaften treffen.

Unternehmensinhaber und deren Vertreter haften selbstverständlich dann nicht nach § 130 OWiG, wenn die erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen installiert worden sind. Kommt es dann zur Verletzung von betriebsbezogenen Pflichten, ist § 130 OWiG mangels Verletzung der Aufsichtspflicht nicht erfüllt. Was nun Art und Umfang der Aufsichtsmaßnahmen angeht, so sind diese nach dem Einzelfall auszurichten, insbesondere dem Grad der Gefahr, dass eine betriebsbezogene Pflicht verletzt wird, nach der Größe des Unternehmens, der Komplexität der zu überwachenden Aufgabe und auch nach ihrer praktischen Durchführbarkeit. Wichtig ist auch, welche Personen mit welcher Ausbildung eine bestimmte Aufgabe ausführen; je besser diese Personen für die Tätigkeit geeignet sind, je geringer fallen die Aufsichtspflichten aus. Ist es innerhalb eines Betriebes schon mal zu Pflichtverletzung gekommen, sind gesteigerte Anforderungen an die Aufsichtspflichten anzunehmen.

In größeren Betrieben sind der Betriebsinhaber bzw. dessen gesetzliche Vertreter rein faktisch überhaupt nicht in der Lage, selbst den Aufsichtspflichten nachzukommen. Er muss und darf daher Aufsichtspersonen bestellen. Bei deren Auswahl gilt eine gesteigerte Sorgfaltspflicht im Vergleich zu normalen Mitarbeitern. Die Aufsichtspflicht des Betriebsinhabers ändert sich dann in eine Organisationspflicht für das Unternehmen. Es muss dann eine Compliance-Organisation mit entsprechend qualifiziertem Personal eingerichtet werden. Dazu sind unter anderem detaillierte Organisationsanforderungen und schriftlich festgehalten Organisationspläne vonnöten.

Um eine Haftung nach § 130 OWiG wegen eines Aufsichtsmangels bzw. Organisationsmangels im Unternehmen zu vermeiden, muss ab einer gewissen Größe eine Compliance-Organisation eingerichtet werden, die ständig an neue Regeln und Vorschriften anzupassen ist. In mittleren und kleineren Unternehmen ist es Aufgabe des Unternehmensinhabers bzw. der Geschäftsführung, durch Organisations- und Aufsichtsregeln, auch entsprechende Mitarbeiterschulungen, dafür zu sorgen, dass betriebsbezogene Pflichten nicht verletzt werden.

Sollten Sie von einem Bußgeldverfahren nach § 130 OWiG betroffen sein, oder wünschen Sie eine Beratung zur Einrichtung oder Verbesserung ihrer Compliance-Organisation, stehen wir Ihnen gerne mit unserem Fachwissen und unserer Erfahrung zur Seite.